Rose
Die Woche | Rose der Verzweiflung
Orchestrale Herzensbrecher, langsam anrollende Wellen aus einem Meer von Liebe und Verzweiflung. Maximilian Hecker steht in der Tradition von Rock-'n'-Roll-Schmachtsongs aus den Fünfzigern, Sixties-Sweetness von Motown, Seventies-Perfektionsemotionen der Commodores, Achtziger-Jahre-New-Wave-Pomp von ABC und den Oeuvre der französischen Air aus den späten Neunzigern. Hier nun der deutsche Beitrag zum ultimativen, kompromisslosen Lovesong, englisch gesungen, die neue Weltklasse. Heckers zwei Alben, "Infinite Love Songs" und nun "Rose", sind Goethes "Leiden des jungen Werther" für unsere Zeit. Die Umstände mögen anders, medial gebrochen sein, das Liebesleid bleibt dasselbe. Beide Alben haben ihren Killermoment, ein paar Sekunden blindes, weiss glühendes Ausrasten. Das ist gross. Hollywood, bitte hinhören.
Mi Amante | Rose
So, Achtung, dem Rezensenten ist im folgenden so wenig an distinguierter sophistication gelegen wie dem Künstler selbst. Ich sage es frei heraus: Dieses Album hat mich zutiefst berührt. Möglich, dass ich momentan für diese Elegien über die ferne Liebe und den Weltschmerz des Verlassenen besonders empfänglich bin, möglich aber auch, dass diese Stücke so genialisch komponiert sind, dass es der Entsprechung von Song und Disposition des Hörers gar nicht bedarf – es ist völlig ausreichend, dass jeder die hier in überwältigendem Freimut vorgetragenen Gefühle kennt. Wenn allerdings ein akutes gebrochenes Herz und diese Stücke aufeinandertreffen, dann ist das Album besonders ergreifend und geradezu unerträglich schön.
Maximilian Hecker nimmt nicht für sich in Anspruch, innovative Songs zu schreiben, sie sollen sich für ihn selbst gut anfühlen und ihn abbilden. Selbst wenn diesen Songs ganz archaische Muster zugrunde liegen, sind sie doch überaus eigen, allein weil sie derart entwaffnend offenherzig dargeboten werden. Er behauptet von sich selbst, seinen eigenen Beatles-Song schreiben zu wollen, doch er schreibt Maximilian-Hecker-Songs, glücklicherweise. Und es sind bessere, ehrlichere, beseeltere Stücke als noch auf dem Debütalbum.
Da sind Melodien, Harmonien, Arrangements, die den gesamten Heckerschen Kosmos aus Wehmut, Selbstmitleid, Begehren und tiefer, tiefer Liebe in einem einzigen Augenblick ultimativ verdichten: der Moment, in dem der Pre-Chorus von "I Am Falling Now" in die eigentliche Hookline übergeht oder dieses so unwiderstehlich pathetische Riff-Crescendo in "Rose" – bei manchen Musikern sind solche Eingebungen Sternstunden einer ganzen Karriere, bei Maximilian Hecker reihen sie sich aneinander.
Diese Platte ist von so erhabener Herrlichkeit, dass ich mich die ganze Zeit wundere, ob die Leidensästhetik einer traurigen Einsamkeit und des Erflehens des Unerreichbaren nicht viel stilvoller und wünschenswerter ist als ein perfektes Glück. Ganz sicher ist sie das in Begleitung dieses Albums.