Lady Sleep CD

Lady Sleep

CD/DLP, Kitty-Yo 2005


Ein Mann von Weltschmerz

back Wenn 'Summer Days In Bloom', Song drei der neuen CD, beginnt, entrollen sich Erinnerungen. Und die sind alles andere, nur nicht deutsch. Sie heißen Mersey Beat und Brit-Neu-Pop, Sophia und Mark Hollies. Alle Männer von Weltschmerz versammeln sich vor geistigen Augen und imaginären Ohren. Doch es ist Maximilian Hecker. Aus Berlin. Perfekt getarnt als er selbst. Das Goethe Institut bewies im Vorjahr Geschmack, als es zwei begnadete Individualisten des heimischen Club-Pop auf Welttour schickte: Barbara Morgenstern, die Elektronikerin/Sängerin, und Maximilian Hecker (27), Natursänger und Multiinstrumentalist. Internationales aus Deutschland erklang von Shangai bis St.Petersburg, von Tel Aviv bis Tokio und bewies Exportstärke. Manch einer mag gestaunt haben. Kein Auto. Keine Schwermaschine.

Heckers Thema ist (Zitat): "die Sehnsucht nach Körperlosigkeit, dargestellt in der Sehnsucht nach Symbiose, Liebe, Tod, Narkose, Glückseligkeit und Wahnsinn". Nun, was gehörig nach gläubigem Sohn Mannheims klingt, ist nur der Versuch, den gewissen Grad Schwerelosigkeit zu beschreiben, den Maximilian Hecker mit seinen traumwandlerisch sicheren Falsett-Balladen beim Zuhörer erreicht. Alles ist hier leicht. Pianolinien zeichnen sich über akustischen Gitarren, klein- und großbesetzten Streichern, Grandezza galore, nie überpackt, sondern aufrichtig, was nicht heißt, dass er sich epischem Reichtum verweigern würde. Auf den ersten beiden CDs war es manchmal ein Tick zuviel des ganz Großen – 'Infinite Love Songs' erschien 2001, 'Rose' dann 2003. Die brandneue Platte aber, 'Lady Sleep' (alle Kitty-Yo), ist absolut rund, nahezu ideal arrangiert, badend in kleinen Verweisen auf gelebte Pop-Geschichte und dennoch heutig wie man heutig nur sein kann.

Hecker ist mutig wie selten einer in diesem Land. Lehnt sich aus dem Fenster und dreht den Kopf in Fahrtrichtung. 'Lady Sleep' atmet Luft, die für Jahre reicht. Nach den elf Stücken braucht man lange Zeit nicht viel mehr zum Träumen und Genießen.

"Quiet is the new loud", ruft der aufgewachsene Ostwestfale, Fan von Melanie und den Beatles, Flötist der ersten Stunden, Sinfonieorchesterschüler, Straßen-Gallagher, Berliner im verflixten siebten Jahr, passionierter Einzelgänger. Wem es nicht spätestens bei 'Dying' weich um die Brust wird, ist ein verdammt harter Klotz.