World Tour 2003/2004


Jakarta, 2004-02-21

Die Station Jakarta vermittelt zunächst den Eindruck, als sollte sie nicht sein. Kafkaeske Verstrickungen verhindern das Ankommen dort und machen aus einer Achtzehn-Stunden-Reise eine vierzigstündige. Nämlich am Flughafen Dehli, dem ersten Zwischenstop, herrscht dichtester Nebel. Ich versuche die Flughafenszene von Casablanca nachzuspielen, indem ich auf die nichtvorhandenen Regierufe Michazel Curtiz' zur nichtvorhandenen Ingrid Bergmann cool sage: "Ich seh' Dir in die Augen, Kleines." (für den objektiven Betrachter der Szene hier in Dehli stehe ich übrigens einfach nur rum).

Wegen des Nebels werden alle Flüge ersteinmal gestrichen, und so sehen wir uns gezwungen, neun Stunden in der Transit Lounge (immerhin "Lounge" – ist das nicht irgendwas Cooles?) zu verbringen, bis dann unser Flug (nach Singapur wohlgemerkt – also eine Reise mit zweimaligem Umsteigen...) geht. Wir versuchen zu schlafen, was nur teilweise gelingt, denn die Lounge ist heiss, voll und laut. Mein Plan, die Zeit zu nutzen und "neun Stunden brutal im Tax free abzuschoppen", entlarvt sich (auch mir etwas zu spät) als Nerverei-Witz, den keiner lustig findet.

Gegen zwölf am nächsten Tag können wir weiter fliegen. Doch sind wir in Singapur zu spät für den letzten Anschlussflug nach Jakarta. Und so müssen wir nach Singapur einreisen. Irgendwie Glück im Unglück (wenn man voraussetzt, dass maximales Erforschen der Welt maximalen Spass bedeutet). Das Transit Hotel ist ein punkrockiges Novotel. Also OK.

Am nächsten Morgen ist Kafka noch immer unter uns (Anregung für den Bruder des Gründers des Goethe Inbstitutes – der PUMA-Bruder von Adi Dassler sozusagen: wie wäre es mit einem Kafka-Institut?), denn wir müssen mitansehen, wie ein komplett leerer, riesiger Shuttle Bus (der für unseren Transport bestimmt ist) uns anderthalb Stunden verweigert, unsere 31 Gepäckstücke einzuladen. Also verpassen wir wieder einen Flug. Irgendwann am Nachmittag kommen wir dann doch noch in Jakarta, der zwölf-Millionen-Hauptstadt Indonesiens, an.

Da am selben Tag noch das Konzert stattfindet, faheren wir gleich zum Konzertsaal, dem "Graha Bhakti Budaya". Die etwa 200 Gäste (hauptsächlich Jugendliche) reagieren zwar nicht übereuphorisch, aber dennoch aufmerksam und anerkennend (und man muss sich immer wieder klarmachen, dass das trotzdem nichts Normales ist, denn immerhin sind die Jugendlichen hier praktisch keine (Indie-)Pop-Konzerte gewohnt – lediglich Acts wie z.B. Mariah Carey, die mit uns zeitgleich auf Asien-Tour ist, kommen hier hin).

Trotz eines Durchschnittsgehaltes von ca. 50 Dollar pro Monat sind Barbaras und meine Platten sekundenschnell verkauft.

Nach dem Konzert findet noch ein Imbiss statt. Dort werden wir zu einer Jam Session in einem Club eingeladen. Chris, Hans, Billy und Barbara sind mit von der Partie. Es handelt sich um eine Art Rock-Live-Karaoke (Man spielt "Knockin' On Heaven's Door", "Smells Like Teen Spirit" und "Creep" etc.), Chris und Hans spielen mit. Doch kann man den Tag nicht vor dem Abend loben, und der Abend zeigt sich in Gestalt eines hochaggressiven, korrupten Polizisten, der die vier bei der Heimfahrt anhält, ihnen mit drei Wochen Gefängnis droht (da keiner den Pass mithat) und sie somit um Geld erpresst. Schön wie er zunächst ruft: "I don’t want your dirty money!", um dann im gleichen Satz zu sagen: "... oh, I saw you have dollar notes." Die vier kommen "frei", aber der Schreck sitzt ihnen in den Gliedern.

Der nächste Tag steht zur freien Verfügung, und am Abend gehen wir mit allen Beteiligten vom Goethe Institut essen. A propos Essen in Asien: Bisher sind nur Hans und Jeff von irgendeiner Ausformung einer Magen-Darmgrippe verschont geblieben.

Irgendwie ist mir im letzten Drittel mein Stil abhanden gekommen. Und ich habe auch keinen Dada-Schlusssatz. Dann halt eine kleine Arno Schmidt-Parodie:

Grün säuselte der Specht in Gartenreihen. Und ich erwarte. Von schweren Stürmen feucht... Klingt ein bisschen nach Foque. Kroluech! Der! Hat hat ja hin- und wieder was mit 'ner Alten gehabt. Na, was solls, ich ja auch. Monster von Loch Nessel – wirklich! Keit. Und wenn ich die vierbändige Ausgabe der Geschichte Polenz (Polens – na, der hat’s Dicke) heute nicht finde, kann ich den Tag wieder vergessen. Weine nicht, Louis! (Armstrong)